Offener Brief
Schickt die Miete in Quarantäne statt Profite mit der Miete!
Jetzt für eine gemeinwirtschaftliche Wohnraumversorgung handeln
Gemeinwirtschaftliches Handeln ist das Gebot in der Stunde – sei es im Gesundheitsbereich, sei es bei der Wohnraumversorgung. Das bedeutet Menschen vor Profite. Jetzt ist der Zeitpunkt, erste Schritte in Richtung einer Wohnraumversorgung als Gemeinwirtschaft zu gehen.
Für viele Menschen bedeutet das Corona-Virus extreme Unsicherheit: Sie verlieren einen Teil ihres Einkommens – durch Kurzarbeitergeld verdienen sie nur noch 60%. Und die vielen Selbstständigen – von Künstler*innen über Taxifahrer*innen bis Handwerker*innen – müssen auf ihr Einkommen teils ganz verzichten, um sich und andere nicht zu gefährden. Auch Kleingewerbetreibende trifft die Corona-Krise in dieser Weise: ihre Einkünfte brechen weg, gleichzeitig sollen sie weiterhin Miete zahlen. In dieser Situation sollten das eigene Zuhause und die Räumlichkeiten des eigenen Gewerbes das Letzte sein, um was man sich Sorgen machen muss.
Aber, wie jeden Monat, stehen weiterhin Mietzahlungen an. Die Bundesregierung hat zwar Kündigungen aufgrund von Nicht-Zahlung der Miete zwischen April und Juni ausgesetzt. Danach sollen die Mietschulden aber von den Mieter*innen abbezahlt werden. Die Frage bleibt: woher soll das Geld für die Rückzahlung von Mietschulden zu einem späteren Zeitpunkt kommen? Mit höheren Einkommen können Angestellte, Selbstständige und Gewerbetreibende nach dem Ende der Krise wohl kaum rechnen. Der Mieterbund fordert gemeinsam mit dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen die Einrichtung eines Hilfsfonds, aus dem Mietausfälle beglichen werden sollen. Das würde bedeuten, dass alle Steuerzahlenden für die Krise bezahlen.
Wir fordern dagegen: Auch Vermieter*innen müssen sich an den Kosten der Krise beteiligen und ihren sozialen Verpflichtungen nachkommen! Nach goldenen Jahren sprudelnder Gewinne können Immobilienkonzerne nicht durch staatliche Rettungsschirme unterstützt werden. Daher fordern wir: Schickt die Mieten in Quarantäne und verzichtet auf die Profite. Die Zeit für einen gemeinwirtschaftlichen Umbau der Wohnraumversorgung ist genau jetzt gekommen.
Ganz konkret heißt das:
- Sofort: keine Kündigungen und Zwangsräumungen (auch nicht aus von Corona unabhängigen Gründen), keine Mieterhöhungen, keine Energie- und Wassersperren, Stopp von Baumaßnahmen solange Ausgangsbeschränkungen gelten!
- Mietschulden aufgrund von Corona streichen!
- Härtefallregelung für Vermietende: Sollte dieser Ausfall der Mieteinnahmen bei Vermieter*innen zur Insolvenz führen, können sie bei einem staatlichen Hilfsfonds Unterstützung bis zur Höhe der Mietausfälle für die kostendeckende Miete (Bau-, Bewirtschaftungs- und Verwaltungskosten) beantragen, wenn diese nachweislich aufgrund der Corona-Krise entstanden sind.
Durch diese Regelungen wird gewährleistet, dass Wohnungsunternehmen in der Krise nicht noch dicke Gewinne machen, während alle anderen die Krise kriegen. Und Anbieter von bezahlbarem Wohnraum werden geschützt. Profite werden nicht subventioniert.
Das bedeutet auf Bundesebene die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um diese Maßnahmen durchzusetzen.
Berlin kann hier mit gutem Beispiel voran gehen: Mit ihren knapp 300.000 Wohneinheiten können die landeseigenen Wohnungsunternehmen ein Modell gemeinwirtschaftlicher Wohnraumversorgung etablieren und ihre Mieter*innen mit der Umsetzung der o.g. Punkte 1 und 2 (Aussetzen von Kündigungen, Zwangsräumungen, Mieterhöhungen, Baumaßnahmen, etc. und Streichung von Corona-bedingten Mietschulden) in der Corona-Krise entlasten.
Wir fordern die Vorstände der sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen, die Senatorin für Stadtentwicklung, Katrin Lompscher, den Senator für Finanzen, Matthias Kollatz, sowie die wohnungspolitischen Sprecher*innen der drei regierenden Fraktionen des Abgeordnetenhauses, Gaby Gottwald, Katrin Schmidberger und Iris Spranger auf, ein solches Modell zügig durchzusetzen.
Erstunterzeichnende stadt- und mietenpolitische Initiativen:
kusWo – Bündnis kommunal & selbstverwaltet Wohnen
Mieterbeirat Karl-Marx-Allee
Stadt von Unten
Kotti & Co
AG Mietenvolksentscheid